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Obwohl ich mehrmals bei dem japanisch aussehenden Arzt reklamierte, nicht von drei Unbekannten, sondern von drei Polizisten geschlagen worden zu sein, war er nicht bereit, dies auf dem Erste Hilfe-Bogen abzuändern. Meine Versuche, am Samstag vormittag von der Polizeiwache 55 das ABW zu informieren und dadurch einen Rechtsanwalt ausfindig machen zu können, waren erfolglos. Der Beamte begründete dies damit, er habe niemanden erreicht und außerdem habe er Wichtigeres zu tun. Insgesamt möchte ich noch einmal betonen, daß ich weder in irgendeiner Form beim Steinewerfen, Plündern oder Widerstand gegen die Polizei oder einzelne Polizisten beteiligt war. Ich hatte lediglich ein Interesse daran, zu wissen, was zwei Straßen weiter neben meiner Wohnung in Sachen Hausbesetzung passierte.

"Wir mußten alle unsere Sachen abgeben und wir (zwei Frauen) kamen in eine Zelle. Etwas später kamen noch zwei Frauen dazu. Sie waren vorher in einer anderen Zelle gewesen. Eine Polizistin durchsuchte uns. Wir bekamen keine Decken und es wurden uns keine Anrufe gestattet, keine Ärzte kamen und wir bekamen erst am Samstag nachmittag etwas zu essen und einen Becher Tee.

Eine Frau fieberte stark und hatte starke Kopfschmerzen und wir verlangten einen Arzt, aber wieder ohne Erfolg. Da wir zu viert in einer Zelle waren, mußte immer eine Frau auf dem Steinfußboden liegen, wenn wir alle schlafen wollten. Als eine von uns ihren Anwalt anrufen wollte, erschien ein Kopf vor der Klappe, der ihr sagte, sie hätte den Anwalt besser vor dem Begehen ihrer Straftat anrufen sollen. Man behandelte uns also, als seien wir bereits überführte Verbrecher. Nachts irgendwann, so zwischen drei und vier ihr wurden zwei der Gefangenen abgeholt und zum Erkennungsdienst gebracht.'

Freitag, ca. 21.30 Uhr - "Einige Zeit später gingen wir nach oben in die Wohnung,weil wieder einige Mannschaftswagen anhielten und man nicht erkennen konnte, was sie vorhatten. Nach einer Zeit von ca. einer Stunde hörten wir plötzlich sehr laute Geräusche, Scheibenklirren und schußähnliche Geräusche. Ich ging zum Fenster und sah mit noch zwei anderen in den Hof. Blaulicht strahlte in die Einfahrt. Offensichtlich hatten ein oder zwei Mannschaftswagen vor dem Haus angehalten. Durch die Flurfenster im Vorderhaus konnten wir sehen, wie einige Leute ziemlich in Panik im Vorderhaus die Treppen hochliefen. Sofort hinter ihnen stürzten ca. 15 Polizisten mit Schild und Knüppel ins Haus und trieben die Leute zum Dachboden hinauf. Als sie dort alle in die Sackgasse getrieben hatten, bekamen die Leute die Schlagstöcke zu spüren. Die Polizisten trieben nun die Leute unter Knüppeleinsatz die Treppen hinunter. Ich sah immer nur schwingende und schlagende Knüppel bis zum Erdgeschoß. Dort wurden die Leute, die ins Haus geflohen waren, wahrscheinlich in die Wagen verfrachtet und abtransportiert. Ich hörte während der Zeit viele Schreie, Gebrüll, krachende Schläge, Gepolter, danach das Abfahren der Mannschaftswagen. Ich traute mich danach für etwa zwei Stunden nicht mehr aus der Wohnung."

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