DOK-INFO (Kalenderpanden)

von: infocafe Aachen
e-mail: infocafe-aachen@gmx.de

DokInfo#1
1) Die Kalenderpanden, gestern, heute, morgen?
2) Die BesetzerInnenkultur in den Niederlanden.

DokInfo#2 (Solidaritaet! & Was tun im Vorfeld?)
1) Die Solidaritaetsbewegung
2) Moeglichkeiten zur Soli im Vorfeld
3) notwendige Technix im Vorfeld
4) Kalenderpanden-Termine fuer FruehstarterInnen

DokInfo#3 (Juristisches)
1) Juristisches (Verhaftung)
2) Die Bullen
3) Anmerkung

DokInfo#4 (Aktionsvorschlaege & A'dam-Guide)
1) Aktionstage & Demo
2) Waehrend Raeumungsversuch
3) Anreise
4) "Stadtfuehrung"


Dok-Info #1

1) Die Kalenderpanden

Gestern
Die Kalenderpanden Amsterdam, ein Fabrikkomplex am Entrepotdok 93-98, sind im November 1996 von einer Gruppe AktivistInnen der Amsterdamer BesetzerInnenszene bezogen worden. Schnell war ein Teil des Gebaeudes hergerichtet und ist bereits im Sommer 97 einem groesseren Publikum bekannt geworden, als es als Pennplatz fuer auswaertige DemonstrantInnen gegen den EU-Gipfel diente.
Seitdem ist sowohl der oeffentliche Raum als auch der Wohnraum im Gebaeude kontinuierlich ausgebaut worden.

Heute
Zur Zeit wohnen etwa 20 Menschen in den Kalenderpanden.
Diese BewohnerInnen sind es, die einen Grossteil der Aktivitaeten, die dort stattfinden, planen und durchfuehren.
Dazu werden die Raeume auch von Gruppen und Menschen ausserhalb des Hauses genutzt.
Das kulturelle Programm der Kalenderpanden orientiert sich grundsaetzlich an unkommerziellen Massstaeben und ist auf Publikum - auch szene-externes - mit kleinem Geldbeutel zugeschnitten.
Nach den verschiedenen Ausbauphasen gibt es - zusaetzlich zum Wohnraum - inzwischen zwei Konzertraeume, eine Bar, einen Essraum, einen Filmsaal, einen Proberaum fuer Theater- und Musikgruppen, verschiedene Arbeits- und Werkstatteinrichtungen, ein Buero als politische Anlaufstelle, einen Schlafsaal fuer Gaeste, einen "Bakfietsen"-Verleih (Fahrraeder mit "Beiwagen" zum Warentransport), einen Fitnessraum und einen Radiosender.
Neben Konzerten, Filmabenden und politischen Informationsveranstaltung findet woechentlich ein Akustik/Elektronik-Musikabend unter dem Motto "Kraakgeluiden in de binnenstad" (Besetzungs-Geraeusche in der Innenstadt) statt.
Einmal im Monat gibt es eine Gothic Dance Night, die fest in der oertlichen Gothic-Szene verankert ist.
Regelmaessig finden studentische Veranstaltungen statt, und es kommt immer wieder vor, dass "auslaendische BesucherInnen" spontane Veranstaltung, z.B. zu politischen Aktivitaeten in ihren Heimatlaendern, organisieren.
Alles in allem sind die Kalenderpanden ein vorbildliches Modell fuer die Integration von Wohnen und Arbeit unter einem Dach.
"Arbeit" ist dabei sowohl woertlich, als auch natuerlich weitergefasst im Sinne von politischer und kultureller Arbeit zu verstehen.

Morgen?
Um es kurz zu machen: Dieses einmalige Projekt soll 47 Luxusappartments und einem privaten Parkhaus weichen!
So ist der Wille des Eigentuemers, der Gemeinde Amsterdam.
Und wie zu erwarten war, hat sich nach jahrelangem Streit ein Gericht gefunden, dessen Wille das auch ist.
Unser Wille ist sicher ein anderer, und jetzt liegt es alleine an uns, unseren Willen gegen die Schergen der Macht durchzusetzen.
Der Verkauf der Appartments, von denen das billigste umgerechnet 800.000 DM kosten soll, hat jedenfalls begonnen.
Versalzen wir den Bonzen das Geschaeft!

2) Die BesetzerInnenkultur in den Niederlanden

Hausbesetzungen haben in den Niederlanden eine lange Geschichte.
Bereits in den 60er Jahren war Amsterdam, was das angeht, eine Hochburg (trotz - oder wegen?- der ausgepraegten Hippiekultur).
Aber auch in jeder anderen groesseren Stadt und sogar in vielen Doerfern gab es BesetzerInnenszenen.
In den Niederlanden ist ein eigenstaendiger Begriff fuer das Besetzen von Haeusern gepraegt: "kraak".
Die "kraker" sind seit jeher die mit Abstand groesste und erfolgreichste Gruppe der undogmatischen, radikalen Linken in den Niederlanden.
Seit Ende der 80er/ Anfang der 90er Jahre stagniert die Szene wie die europaeische Linke im allgemeinen.
Aber insbesondere in Amsterdam hat sich ein AktivistInnenpotential gehalten, das je nach Anlass durchaus ein paar hundert Menschen auf die Beine bringen kann.
Alleine durch die relativ arbeitsaufwendige Politikform der Hausbesetzung ist der Anteil tatsaechlich im Alltag aktiver MitstreiterInnen relativ hoch.
Den "krakern" kommt die niederlaendische Gesetzgebung zugute, die relativ unfreundlich gegenueber Spekulanten war und teilweise noch ist.
Ein "Hausfriedensbruch" ist in den Niederlanden noch nicht gegeben, wenn mensch ungefragt ein Gebaeude betritt, das jemand anderem GEHOERT, sondern erst bei Gebaeuden, die tatsaechlich von anderen GENUTZT werden.
Leerstehende Gebaeude bzw. auch leerstehende Etagen haben also keinen juristischen "Hausfrieden".
Diese Gesetzeslage ist 1993 verschaerft worden.
Seitdem gilt ein Gebaeude erst dann als nicht genutzt, wenn es mindestens ein Jahr lang leergestanden hat.
Das ist in der Praxis z.T. recht schwer nachzuweisen.
Hat aber erstmal eine "gesetzeskonforme" Besetzung stattgefunden, so geht das Hausrecht automatisch auf die BesetzerInnen ueber.
Der Hausbesitzer bleibt zwar der Hausbesitzer, muss nun aber die Gerichte bemuehen und nachweisen, dass er den Leerstand aufheben will.
Zudem gehen viele Gerichte schon von einem "genutzten Zustand" aus, wenn sich nur ein Bett, ein Stuhl, ein "persoenlicher Gegenstand" und keine allzu dicke Staubschicht in einem Gebaeude befinden.
Ein Umstand, den sich viele Hausbesitzer zunutze machen, indem sie sogenannte "kraakwachten" (BesetzungswaechterInnen) mietfrei in ihren Spekulationsobjekten wohnen lassen, um einer moeglichen Besetzung entgegenzuwirken.
Das sorgt zwar fuer eine gewisse Menge bezahlbaren "Wohnraum" in Amsterdam, dient aber letztlich nur der Spekulation.
Ein Grund, warum die "kraakwachten" (oft auslaendische Studierende) bei den BesetzerInnen nicht sehr beliebt sind...
Das Recht auf bezahlbares Wohnen ist natuerlich nicht das einzige Ziel der "kraker".
Kurz gesagt, decken vor allem AktivistInnen aus der Bewegung "in ihrer Freizeit" alle Felder autonomer Politik ab, die uns in Deutschland auch bekannt sind.
Ein weiterer Umstand, der der Bewegung gelegentlich dient, ist die Existenz eines "buergerlich linken" und liberalen Milieus, wie es das in Deutschland schon lange nicht mehr gibt.
Bei den Kalenderpanden ist es konkret so, dass ein Gerossteil der AnwohnerInnen die Ziele der BesetzerInnen teilen und den Erhalt des Projekts befuerworten - oder andersrum betrachtet keinen Bock auf eine versnobte Nachbarschaft haben.
Das sollte im Umfeld eines Raeumungsversuchs dazu fuehren, dass "wir" gewissermassen als "die Guten" dastehen.
Dies sollte unserer Meinung nach als Erweiterung des Handlungsspielraums betrachtet werden.


Dok-Info #2 (Solidaritaet! & Was tun im Vorfeld?)

1) Die Solidaritaetsbewegung

Die Kalenderpanden sind weit ueber die Grenzen Amsterdams bekannt.
Im Zusammenhang mit Demos, aber auch fuer Leute auf der Durchreise haben sie immer wieder als Unterkunft gedient.
Viele Bands und andere Gruppen, die in Amsterdam unterwegs waren, haben dort ein Kurzzeit-Zuhause gefunden.
"Linke Touris" aus Deutschland wurden auch desoefteren beherbergt.
Die Kalenderpanden sind beliebt, weit ueber die eigene Szene hinaus.
Die Kalenderpanden mobilisieren quasi europaweit zu dem anstehenden Raeumungsversuch.
In Amsterdam und den Niederlanden ueberhaupt weiss die ganze Szene um die Bedeutung der Kalenderpanden.
Das alles wird sich in einer sehr guten bis fantastischen Resonanz auf die Aufrufe zu Aktionstagen, Demo und Raeumungsverhinderung zeigen.

Wir schaetzen eine deutlich sichtbare, breite Solidaritaet als ein sehr wirksames Mittel ein, tatsaechlich zur Verhinderung einer Raeumung beizutragen.
Es geht zur Abwechslung mal nicht um ein Event, dessen Ausgang vorher schon feststeht, sondern es ist tatsaechlich moeglich, die Raeumung der Kalenderpanden noch sehr lange hinauszuschieben, wenn nicht dauerhaft zu verhindern!
So plump das klingt, kann den solidarischen Gruppen aus Deutschland dabei die Rolle zufallen, bei den zustaendigen Behoerden einen gewissen Respekt zu erzwingen.
Wir erinnern uns: Vor dem EU-Gipfel 1997 in A'dam hatte sich in der Stadt eine (durchaus ernstgemeinte) Panik vor den anreisenden "Autonomen und Chaoten aus Deutschland" breit gemacht.
Woher die diese Einschaetzung nehmen, wissen wir auch nicht, aber mensch kann sie ganz gut fuer sich nutzen.
Wir halten es fuer sehr wichtig und sinnvoll, einen deutlich wahrnehmbaren "internationalen" Soliblock - oder auch explizit einen aus Deutschland - auf die Beine zu stellen.
Bei den Aktionstagen im allgemeinen und auf der Demo im speziellen.

Wir regen hiermit an, im Vorfeld der Demo in A'dam ein entsprechendes Koordinierungstreffen zu organisieren.
Wir aus Aachen werden uns bei einem solchen Treffen einbringen, sehen uns aber nicht in der Lage, das im groesseren Stil alleine zu organisieren.
Da sind alle gefragt!

Fuer das Ruhrgebiet und Bergische Land haben Menschen vom Infoladen Muelheim die Mobilisierung uebernommen. Zu erreichen unter
mailto:riot@army.net
Wir empfehlen Nachahmung.

2) Soli im Vorfeld

Mobilisiert!!!

3) Technix im Vorfeld

Nur drei Sachen:
Ab dem 2. Oktober sind die Bullen befugt zu raeumen.
Die Kalenderpanden-NutzerInnen rechnen - ohne naehere Angaben ueber die Gruende fuer diese Vermutung zu machen - fest mit einem Raeumungsversuch am Dienstag, den 3. Oktober.
Wir koennen uns durchaus vorstellen, dass die Bullen nach dem Aktionswochenende einfach ein paar Tage warten... kalkuliert das in eure Planungen ein!
Wenn's geht, vielleicht mal die ganze Woche "frei nehmen" fuer's Erste...
Sollten sie es doch schon dienstags probieren, waere dann wenigstens Zeit fuer ne ausgiebige Feier mit den AmsterdamerInnen.
Ausserdem: Investiert ein paar Mark Funfzig fuer einen ordentlichen Stadtplan, am besten schon zuhause.
Mit so'nem Teil ist Amsterdam total einfach zu durchschauen, ohne dafuer umso komplizierter.
Und: Kuemmert Euch rechtzeitig um Pennplaetze (am besten sofort).
Meistens schaffen die AmsterdamerInnen es, ausreichend davon aus dem Hut zu zaubern.
Aber mailt vorher kurz an die Kalenderpanden, das klappt auch deutschsprachig:
e-mail: entrepot@dds.nl
Macht's nicht allzu kompliziert. Sagt einfach, wann ihr kommen wollt, wie lange ihr bleibt, und wie viele Leute ihr ungefaehr sein werdet.
Die Menschen in Amsterdam muessen das dann alles planen - macht also verbindliche Angaben!

4) Kalenderpanden-Termine

Fuer alle, die etwas eher los wollen, ein paar Veranstaltungstermine der Kalenderpanden:
(siehe auch: Programmierung)

Mittwoch, 27.09. ab 21 Uhr "Kraakgeluiden in de Binnenstad".
Elektronischer und akustischer Improvisations-Musikabend. Eintritt 5 hfl (ca. 4,50 DM)

Donnerstag, 28.09. ca. 19.30 Uhr: vegane VoKue fuer 4 hfl.
Unbedingt persoenlich oder telefonisch unter 4206645 reservieren ab mittags um 13 Uhr.

auch Donnerstag, ab 21 Uhr "Country music Hall of Fame!!!" - Film und Livemusik

danach Aktionswochenende, Demo und keine Raeumung!


Dok-Info #3 (Juristisches)

1) Juristisches

Eins vorweg: Das folgende ist natuerlich ausgesprochen theoretisch.
Auch in den Niederlanden scheren sich die Bullen und manche Untersuchungsrichter gelegentlich einen Dreck um Gesetze.

Zum Aufenthalt in besetzten Haeusern
Wie bereits im ersten Info erwaehnt, sind Besetzungen unter bestimmten Umstaenden voellig legal.
Die Kalenderpanden erfuellen diese Umstaende.
Nachdem ein gerichtlicher Raeumungsbescheid ergangen ist, ist's mit der Legalitaet allerdings vorbei.
Nun laege ein "Hausfriedensbruch" vor.
Da aber in der Regel nur schwer nachzuweisen ist, dass mensch von einer Raeumungsaufforderung wusste, wird auf Strafverfolgung in der Regel verzichtet.
Davon kann ausgegangen werden.
Das schliesst aber nicht aus, das der Vorwurf des "Hausfriedensbruch" mit anderen Vorwuerfen (z.B. Sachbeschaedigung, Aufforderung zu Straftaten, Widerstand, Koerperverletzung) gepaart wird.
Einer Festnahme sollte mensch sich also, wenn es geht, entziehen - wie in Deutschland auch.

Was grundsaetzliches: Gemeinschaftlich begangene Straftaten kennt das niederlaendische Gesetz zwar stellenweise auch, von solchen Konstruktionen wird aber nur selten Gebrauch macht.
Im Regelfall ist also ein Einzelverdacht bzw. -nachweis noetig.
Dafuer werden viel haeufiger als in Deutschland so obskure Straftatbestaende wie "Aufforderung zu Straftaten" geahndet.
Also: Keine richtigen Parolen an der falschen Stelle...

Die fuer uns relevanten Gesetze entsprechen weitgehend denen in Deutschland.
Seit Sommer diesen Jahres gibt es auch ein dem deutschen entsprechendes "Vorbeugegewahrsam" - darf aber maximal 24 Stunden dauern und muss plausibel begruendet werden.
Bei der Fussballeuropameisterschaft im Sommer, zu der die neuen Paragraphen eingefuehrt worden sind, "reichte" es nicht, wie ein Hooligan auszusehen, sondern mann musste schon mit anderen an entsprechenden Orten "herumlungern".

Die juristischen Technix sind im Prinzip auch dieselben.
Der EA heisst "Arrestantengroep" [sprich: -chrub], das Recht, ueber den Grund und die Dauer einer Ingewahrsam- oder Festnahme unterrichtet zu werden und z.B. als Frau nicht von einem Mann durchsucht zu werden, gibt's auch.
Sollen sogar oefter beachtet werden als in Deutschland ueblich.
Maul halten und nix unterschreiben gilt auch hier.

Unueblich sind Bullenkessel auf Demos und ueberhaupt die willkuerliche Gleichbehandlung einer Personengruppe.
Fast alle am Rande des EU-Gipfels 1997 in Gewahrsam genommenen DemonstrantInnen haben spaeter Entschaedigungszahlungen zugesprochen bekommen.

Juristische Besonderheiten als "AuslaenderIn"
Vergleichbar der deutschen Realitaet werden auch in den Niederlanden Nicht-Niederlaender gesondert behandelt.
Bei einer Ingewahrsamnahme, auch dem "harmlosen" Vorbeugegewahrsam, ist damit zu rechnen, der "Fremdenpolizei" uebergeben zu werden.
Die findet dann in Absprache mit dem Herkunftsland heraus, wie weiter zu verfahren ist.
Das kann eine Freilassung schon mal erheblich rauszoegern und/oder mit der Abschiebung enden.
Beim EU-Gipfel wurde dieses Verfahren ausgiebig erprobt, indem die "auslaendischen" DemonstrantInnen in lustigen Gruppenfahrten und -fluegen nachhause gebracht wurden.
Fuer die Deutschen hatte das einen laengeren Aufenthalt in BGS-Kasernen an der Grenze mit ED-Behandlung etc. zur Folge.
Konsequenz: In jedem Fall - und noch viel mehr als ueblich - in den Bezugsgruppen aufeinander achten und unbedingt in Kontakt mit der "arrestantengroep" bleiben, wenn jemand fehlt.

Ausweis dabei haben?
Der einzige grosse Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden ist, dass es in NL keine Verpflichtung gibt, den Personalausweis bei sich zu tragen oder sich sonstwie auszuweisen. Das hat keine Folgen - und sie duerfen deshalb auch niemanden bedeutend laenger festhalten.
Die niederlaendischen "arrestantengroepen" empfehlen deshalb dringend, NIE einen Personalausweis auf Demos und bei Aktionen dabeizuhaben und auch keinerlei Angaben zu den Personalien zu machen.
Wir sehen das nicht ganz unkritisch.
Die potentiellen Vorteile liegen auf der Hand.
Fuer Deutsche in den Niederlanden gibt es aber einen handfesten Nachteil: Wer der Moeglichkeit einer Abschiebung entgehen will (der BGS WIRD die Identitaet heruasfinden), sollte - soweit er/sie nicht perfekt Niederlaendisch spricht - waehrend des gesamten Aufenthalts bei den Bullen kein Wort reden.
Ausserdem auch keinerlei Hinweis auf die nicht-niederlaendische Herkunft bei sich tragen (keine deutschen Telefonkarten z.B.).
Das, glauben wir, kann sehr stressig sein. Mit Beharren auf den Rechten und aehnlichem ist dann nix, "EA" anrufen sowieso nicht.
Wir wollen kein endgueltiges Urteil abgeben, was nun besser ist.
Zieht die Moeglichkeit, ohne Perso unterwegs zu sein, ruhig in Betracht, aber vergesst die moeglichen Nachteile nicht.

Gewahrsams-/U-Haft-Dauer
- einfache Ingewahrsamnahme wg. Verdacht oder zur Personalienfeststellung max. 6 Std. (die Zeit zwischen 0 und 9 Uhr zaehlt allerdings nicht mit) - ohne Personalienangabe plus nochmal 6 Std
- begruendetes "Vorbeugegewahrsam" bzw. "Gefahrenabwehr" max. 24 Std. - das Gesetz ist noch weitgehend unerprobt, nach Lust&Laune ruhig heftig mit Klage drohen
ACHTUNG! In diesen ersten 6 bzw. 12 bzw. 24 Stunden gibt es kein Recht auf ein Telefongespraech!
- die 6/12/24 Stunden kann ein Staatsanwalt ("officier van justitie") auf drei Tage verlaengern - jetzt gibt's das Recht auf ein Telefongespraech - keinesfalls einen Pflichtverteidiger ("piketadvokaat") akzeptieren!
- nach drei Tagen kommt der Untersuchungsrichter ins Spiel und kann U-Haft verhaengen, zuerst fuer maximal 10 Tage, dann dreimal fuer 30 Tage - mehr nicht... - bei den Richterterminen hat dein Anwalt dabeizusein - drauf beharren!

Sprachprobleme
Die Bullen werden kaum so nett sein, fuer unsereins eineN DolmetscherIn herbeizuschaffen.
Eins der groessten Probleme in einer Festnahmesituation ist sicher die Sprachbarriere.
Es kann schon sehr unangenehm sein, nicht mitzukriegen, was um eineN herum abgeht und sich moeglicherweise nicht Luft machen zu koennen.
Darauf sollte mensch sich vorbereiten, aber vor allem ist es ein Grund mehr, sich die Bullen vom Leib zu halten.

2) die Bullen in den Niederlanden

...sind auch Bullen!
Es gibt - wie in Deutschland - "normale" Uniformierte, Sondereinheiten und Zivis ("stillen" bzw. "agenten in burger").
Die beiden erstgenannten lassen sich wie gehabt unterscheiden, die Zivis in den Niederlanden tragen relativ selten Schnurrbaerte!

Einen entscheidenden Unterschied haben wir schon oefters festgestellt.
Niederlaendische Bullen treten "selbstbestimmter" auf als deutsche.
Das ist im Alltag ganz nett, weil's irgendwie menschlicher wirkt.
Auf Demos und vermutlich auch bei Raeumungen hat es aber auch einen Nachteil: Sie benutzen ihren Schlagstock, wenn sie es fuer noetig halten und nicht, wenn es ihnen gesagt wird.
Ihr individuelles Verhalten ist durchaus flexibler als hierzulande, mensch sollte sich geistig von den ueblicherweise statischen Situationen gegenueber deutschen Bullen loesen und auf spontanes Verhalten einstellen, vor allem in unuebersichtlichen Situationen.
Ausserdem sind sie erheblich schwieriger zu verunsichern als deutsche.
Andererseits gucken sie meistens nicht grundlos boese.

...ist echt schwer zu beschreiben.
Kurz gesagt: Niederlaendische Bullen sind unkalkulierbarer als deutsche.
Dafuer im Gegenzug weniger brutal.

3) Anmerkung

Das juristische ist furchtbar theoretisch.
Wir finden es bei Aktionen in den Niederlanden besonders wichtig, sich auf die Situation, "AuslaenderIn" zu sein, einzustellen und Bullenstress moeglichst zu vermeiden.
Das ist im Umfeld einer geplanten Haeuserraeumung gar nicht so einfach.
Deshalb moechten wir den jeweiligen Bezugsgruppen nahelegen, diesen Faktor nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und sich entsprechend vorzubereiten.
Das kann auch heissen, bei Bedenken etwas kuerzer zu treten.
Es wird eine Menge Moeglichkeiten geben, sich sinnvoll einzubringen, ohne zwingend "in der ersten Reihe" zu stehen.
Aber dazu mehr im naexten Letter...


Dok-Info #4 (Aktionsvorschlaege & A'dam-Guide)

1) Aktionstage & Demo

(...)

2) Waehrend eines Raeumungsversuchs

(...)

3) Anreise

Insbesondere raten wir davon ab, mit dem Auto nach A'dam zu kommen!
Es gibt keine Parkplaetze, die weniger als 4 hfl (ca. 3,60 DM) pro Stunde kosten.
Und es gibt auch kaum eine Chance, den Reifenkrallen zu entgehen, die "auslaendischen" FalschparkerInnen besonders gerne angehaengt werden.
In so einem Fall wird's richtig teuer.
"Normalerweise" stehen direkt an den Kalenderpanden einige nicht bewirtschaftete Parkflaechen zur Verfuegung.
Von deren Benutzung ist im Rahmen eines Raeumungsversuchs entschieden abzuraten!!!
Solltet ihr trotzdem mit dem Auto anreisen: In "Amsterdam-Noord" (Stadtplan!) - und nur dort, egal wie weit ihr sonst an den Stadtrand fahrt! - ist kostenlos Parken.
Mit einem bisschen Ortskenntnis (STADTPLAN!!!) und einem bisschen viel Glueck - laesst sich's in "Noord" recht nahe nicht nur an den Hauptbahnhof ("Centraal Station") heranfahren, sondern auch einen Parkplatz finden - nur eben auf der anderen Flussseite (der Fluss heisst "'t IJ") - von dort setzt eine kostenlose Faehre, die Tag und Nacht alle 6-10 Minuten faehrt, zum Hbf ueber.
Falls ihr dort parkt: KEINERLEI Wertgegenstaende sichtbar im Wagen liegen lassen! (Nichts gegen Kriminalitaet, aber muss euch ja nicht treffen...)

Mit der Bahn laesst sich's in jedem Fall stressfreier anreisen.
Ist natuerlich teurer...
In den Niederlanden gibt's aber verschiedene Angebote, mit denen eine bestimmte Anzahl Personen an bestimmten Tagen sehr guenstig Bahnfahren kann.
Naeheres haben wir leider nicht herausgefunden.
Eins dieser Angebote, im Idealfall kombiniert mit einem deutschen Wochenendticket, muesste aber im bezahlbaren Rahmen liegen.
Als Aussteigebahnhof bietet sich nur der Hbf ("Amsterdam CS") an.

Ob Auto oder Bahn, vom Hbf zu den Kalenderpanden ist es ein gutes Stueck Fussweg - so 30-45 Minuten.
Je nach Alter und Befindlichkeit...
Falls ihr mit der Strassenbahn (als Haltestelle der Linie 20 bietet sich die "Plantage Doklaan" oder "Plantage Middenlaan" an) oder dem Bus (Linie unbekannt, aussteigen "Wittenburgergracht" oder "Oostenburgergracht") fahren wollt: kauft euch eine "Strippenkaart" (Streifenkarte) - soll es vor allem in Tabaklaeden geben - bei der pro Fahrtstrecke und Person eine bestimmte Anzahl Streifen entwertet wird.
Das ist nicht nur erheblich billiger als Einzelfahrscheine, sondern mit etwas know-how lassen sich die Verkehrsbetriebe damit auch ganz gut bescheissen.
Nur wenn ihr echt viel Bus und Straba fahren wollt, kauft euch Tageskarten.
Die kosten pro Person 10 hfl fuer einen Tag und werden mit zunehmender Gueltigkeitsdauer relativ preiswerter, 7 Tage kosten 35 hfl.
Einmal in den Kalenderpanden oder sonstwo Naehe Innenstadt angekommen, braucht ihr aber eigentlich keine oeffentlichen Verkehrsmittel mehr.
Ohne Gepaeck laesst sich das meiste ganz gut zu Fuss erreichen.

4) Kleine "Stadtfuehrung"

Spaetestens jetzt kommt ihr ohne Stadtplan ueberhaupt nicht mehr weiter.
Falls ihr noch immer keinen habt, sollte das das erste sein, was ihr euch in A'dam zulegt!
Dann koennt ihr auch gleich die "Jodenbreestraat" suchen und dort den Buchladen "Fort van Sjakoo", Hausnummer 24.
Da geht ihr rein, und kauft "Get Lost! - Der coole Reisefuehrer"... fuer 14,50 hfl.
Eigentlich sind wir gegen Werbung, aber in linken Buchlaeden kaufen ist immer gut, und ausserdem ist DIESER "Reisefuehrer" wirklich brauchbar und vor allem deutschsprachig.
Solltet ihr dafuer kein Geld uebrig haben, seid ihr auf unsere bescheidenen Tips angewiesen...

Die Strukturen der Amsterdamer BesetzerInnen reichen zum Ueberleben fuer ein paar Tage voellig aus... geschlafen wird in eurem Squat nach Wahl, gegessen in der VoKue der Kalenderpanden und/oder beim Infokafé August, Frederik Hendrikstraat 111... gibt noch andere... getrunken in den Kalenderpanden oder - abends ab 22 Uhr, aber natuerlich nicht zu lange an Abenden vor Aktionen... - im "Vrankrijk", Spuistraat 216, den Buchladen haben wir schon erwaehnt und in dessen Kellerraeumen ist das "ASCII", wo kostenlos im Internet gesurft werden kann... und vieles, vieles mehr, in fast allen Stadtteilen.

Ansonsten: Ein halbwegs preiswerter, zentral gelegener Supermarkt ist "Dirk van den Broek", etwas versteckt zwischen "Fort van Sjakoo" und Waterlooplein gelegen.

Ausserhalb der Kraker-Szene haetten wir noch ein paar Geheimtips anzubieten, die ihr bei laengerem Aufenthalt ruhig mal ausprobieren solltet - sind aber alles KEINE linken Laeden.
Abendliche Livemusik in "The Last Waterhole", Oudezijds Armsteeg 12 - Bandbreite reicht von Western bis Country... - eine der abgedrehtesten Billighotelbars im Rotlichtviertel, staendig ueberfuellt mit Kiffer-Touris aus aller Welt (der Vorschlag ist ´n Insider, also nicht unbedingt ernst gemeint).
"Café the Minds", Spuistraat 245, gegenueber vom Vrankrijk - nette Grunge-/Rockkneipe.
"De Hoogte", Nieuwe Hoogstraat 2a, eher durchschnittliche Kneipe, aber tagsueber wirklich gemuetliches Café mit kuscheligen Abhaengecken.
"Maoz Falafel", z.B. am Rembrandtplein, verkauft fuer 6 hfl Falafelbaellchen im Brot, die Sossen, Salate und Gemuese koennt ihr euch selber drauf schaufeln, und zwar so viel, wie ins Brot geht und so oft ihr wollt - also nicht zu frueh vom Brot abbeissen...
Wir empfehlen ganz besonders die Moehren, und nehmt nicht zuviel von der unscheinbaren spinatgruenen Sosse...

Empfehlenswerte Museen (ehrlich!) sind das Juedisch-Historische ("Joods Historisch Museum", J. Daniel Meijerplein 2-4) und das Tropenmuseum, Linnaeusstraat 2.

Solltet ihr beizeiten ihn den ueblichen Deutsch-Touri-Trott verfallen und unbedingt einen Coffeeshop aufsuchen muessen, tut euch wenigstens den Gefallen, ein wenig durch die Gegend zu schlurfen, bis ihr das Gefuehl habt, nicht mehr umgeben von Touris oder sonstigen Menschenmassen zu sein.
Dann schlurft noch ein bisschen weiter, und nehmt den naechstbesten.
Allzu spuerbare Qualitaets- und Preisunterschiede gibt's nicht - ausser dass eben in die Tourigegenden nur die "Ausschussware" geliefert wird!
Ach ja, kauft NICHTS auf der Strasse!

Und noch so viel mehr zu erzaehlen. Ne, ehrlich, kauft euch das oben empfohlene Buch!

Viel Spass! (aber den Kampf nicht vergessen)