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Freitag 0.30 Uhr - 'Ich befand mich auf dem Oranienplatz Ecke Dresdener Straße und zwar auf der linken Seite Richtung Kotti, als ich von einem Demonstranten, der vor heranrückenden Bullen flüchtete, umgerannt wurde. Ich fiel dabei zu Boden und im Nu war ich von mehreren Bullen umzingelt. Diese schlugen unvermittelt auf mich ein. Anschließend führten sie mich gewaltsam zu ihrem Mannschaftswagen. Ich durfte mich nicht auf die Bank setzen, sondern mußte mich auf den Boden der Wanne setzen. In dem Wagen überfiel man mich mit Schimpfworten wie 'die Schweine muß man tot machen, abschlachten' und ähnliches. Dabei bekam ich jedesmal einen Schlag mit dem Gummiknüppel u.a. auch auf den Kopf. Dies alles geschah, als der Wagen fuhr. Nach etwa fünf Minuten wurde die Tür der Wanne geöffnet und ich wurde einfach aus dem fahrenden Wagen rausgeschmissen."

Es stand dort als Grund der Verhaftung Landfriedensbruch (Steinewerfer). Das hat mich sehr erschüttert. Am Samstagnachmittag bin ich nach der erkennungsdienstlichen Behandlung von der Kripo vernommen worden.

Im Protokoll erklären drei Polizisten, sie hätten gesehen, wie ich einen Stein aufgehoben habe und auf sie geworfen hätte. Dieser Stein sei auf das Schutzschild des V.P. gefallen und danach gegen die Wagenkarosserie gefallen. Danach sei ich über die Straße gelaufen und sie hätten mich gekriegt, Ich gab zu Protokoll, daß an diesem Bericht nur Ort und Zeit richtig seien. Die Verhaftung und mein über die Straße laufen stimmt.

Daraufhin telefonierte einer der Beamten (der eine jung, mit hoher Stimme, der andere 35, mit dicker Zigarre, die er nie aus dem Mund nahm und blauem Mantel, den er nie auszog). Also der letztere telefonierte mit seiner Dienststelle und sagte: 'Du, ich brauche sofort den und den der soundso macht Schwierigkeiten, die sollen sofort zum Revier zur Vernehmung kommen.

Als er nach einer Weile die Rückmeldung bekam, war ersichtlich erfreut, daß sich in der Zwischenzeit noch ein vierter Beamter gefunden hatte, gegen mich auszusagen. Er erklärte mir, ich hätte überhaupt keine Chance gegen vier Beamte. Etwa zwei Stunden später öffnete sich das Blech vordem Glasfenster zur Zelle, in der ich jetzt noch mit zwei weiteren Gefangenen saß, und der bärtige Polizist und ein mir unbekannter Polizist schauten zu mir herein.

Ich konnte deutlich hören, wie der Bärtige laut sagte: 'Na, das ist er, keine Frage!'

Ich protestierte sofort lautstark gegen diese Art der Gegenüberstellung und stellte mich in die nicht einzusehende Ecke der Zelle. Danach schloß sich das Fenster. Kurz nach Einlieferung auf der Polizeistation verlangte ich meine Anwältin zu sprechen, was mir verweigert wurde. Mir wurde mitgeteilt, daß Telefonate erst nach der Vernehmung durch die Kripo geführt werden dürfen, und daß man auch nicht selbst telefonieren dürfe.

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