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Augenzeugen berichteten mir, daß Demonstranten mich hervorgezogen haben. Ich selbst kann mich nicht klar daran erinnern. Einige Meter weiter, als ich wieder klarer denken konnte, merkte ich, daß Tränengasbomben geworfen wurden. Zwei oder drei Leute haben mich dann nach Hause gebracht und den Krankenwagen gerufen, der dann aber nicht kam. Später brachten mich dann Nachbarn ins Krankenhaus."

2.30 Uhr - "ln dieser Zeit wurde ein anwesender Zivilpolizist von einigen Demonstranten erkannt. Er hatte sich, wie wir, nach der Veranstaltung mit Polizeipräsident Hübner hier in Kreuzberg an Ort und Stelle informieren wollen. Die Leute waren ziemlich aufgebracht wegen der Vorfälle und der Mann wurde ziemlich stark bedrängt, vor allem, nachdem man festgestellt hatte, daß er eine Waffe bei sich hatte. Er hatte zu Anfang die Möglichkeit gehabt, sich zu entfernen, hat diese Chance aber nicht genutzt, so daß ihm schließlich bei einem Handgemenge die Pistole, in die er kurz zuvor das Magazin geschoben hatte, entrissen wurde. Danach hat der Mann sich sehr schnell entfernt und ist in eines der weiter entfernt stehenden Polizeifahrzeuge gesprungen. Nach dem massiven Polizeieinsatz hat man dann noch einmal von seiten der Polizei den Versuch gemacht, die Oranienstraße zu räumen. Da die Barrikade wieder wie vorher aufgebaut war, ist auch diesmal die Räumung nicht gelungen, da die Menge immer in Hauseingängen verschwand. Das Ganze kam uns wie ein Trapper und Indianerspiel vor. Der letzte Auftritt der Polizei war dann die rasende Fahrt eines abgedunkelten VW-Busses, der von der Wiener Straße kam, fast bis an die Barrikade heran raste, wendete und in scharfem Tempo über die Bordsteinkanten (wobei unter dem Gejohle der Anwesenden zwei Reifen platzten) zurückraste.

Danach, gegen 2.30 Uhr, trat allmählich Ruhe ein. Die Polizei trat nicht mehr auf. Wir entfernten uns in Richtung Adalbertstraße. Auf dem Rückweg fanden wir noch einen Behinderten, der neben seinem Rollstuhl auf dem Trottoir lag und dort liegen gelassen worden sein soll, als Polizisten ihn im Einsatz umgestoßen hatten. Das hörten wir aber von anderen, die sich um ihn bemühten. Der Mann selbst befand sich offenbar in einem Schockzustand und wurde ins Krankenhaus gebracht. Diesen Vorfall kann ein Mitarbeiter des SFB bestätigen."

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