CHIPKARTEN,
GUTSCHEINE
UND ANDERE FIESHEITEN
Einleitung | |
Das Asylbewerberleistungsgesetz | |
Der Alltag | |
Anbieter von Gutschein- und Chipkartensystemen | |
Widerstand | |
Unsere Einschätzung | |
Praktische Tipps | |
Gutscheinsystem in Neukölln gekippt! | |
Wie weiter? | S. 23 |
Damit ihr wisst, worum es dabei geht:
Zunächst einmal werden wir darstellen, auf welcher Rechtsgrundlage Menschen
in der BRD derart bevormundet werden. Dann erklärt ein Kapitel, was der
Einkauf mit Gutscheinen oder Chipkarten für den Alltag von Flüchtlin-gen
bedeutet. Die nächsten Kapitel benennen die ProfiteurInnen und erzählen
von einigen Widerstandsaktionen. Schließlich folgt der Versuch einer
politischen Einordnung der Re-pressionsmaßnahmen und unserer Aktion,
und zuallerletzt gibt's noch ein paar praktische Tipps für den Chipkarten-
und Gutschein-Einkauf und eine Liste mit Läden, die diese annehmen.
Gebt diese Broschüre weiter, sprecht andere Menschen
und WGs an, ob sie sich nicht einen solchen Einkauf (oder andere Aktionen...)
vorstellen können.
Die Aktualisierung der Broschüre erfolgte seit 2000 von der »Initiative
gegen das Chipkartensystem«. Wir danken den ursprünglichen AutorInnen.
Wir hoffen auf zahlreiche Rückmeldungen!!
Kontakt für einen regelmäßigen Einkauf mit Flüchtlingen, Informationen und Termine für öffentliche Antirassistische Einkäufe:
Initiative gegen das Chipkartensystem
c/o Berliner Büro für Gleiche Rechte
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalderstr. 4
10405 Berlin
Tel: 030 / 419 35 839 (Do.:19-20 Uhr)
Fax: 030 / 419 36 868
mobil: 0160-3410547
Bürozeiten: Do. 19:00 - 20:00 Uhr
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e-mail: konsumfuerfreiesfluten@yahoo.com
Wir hoffen auf zahlreiche Rückmeldungen!!
Kontakte für einen regelmäßigen Einkauf mit Flüchtlingen,
Informationen und Termine für öffentliche Antirassistische Einkäufe:
Initiative gegen das Chipkartensystem
c/o Berliner Büro für Gleiche Rechte (NEU)
im Haus der
Demokratie und Menschenrechte-
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10405 Berlin
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Das Asylbewerberleistungsgesetz
Entstehungsgeschichte
Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) entstand zusammen mit dem Asylverfahrensgesetz
1992 im Rahmen des Asylkompromisses zwischen CDU-Regierung und SPD-Opposition.
Es erlangte 1993 mit der de facto Abschaffung des Grundrechts auf Asyl (Änderung
des §16a GG) Gesetzeskraft. Es definiert und regelt die materiellen Leistungen
und reguliert somit - zusammen mit dem Asylverfahrensgesetz - die staatlich
vorgegebenen Existenzbedingungen von Flüchtlingen.
Wesentlich im Asylbewerberleistungsgesetz ist die Festschreibung eines minimalen
Lebensstandards oder Existenzminimums von Flüchtlingen, welcher unter
dem des normalen und auch schon nicht sehr üppigen Mindestsozialhilfesatzes
angesiedelt wird. Dabei sind die Leistungen für Flüchtlinge im Vergleich
zur Sozialhilfe, die eigentlich schon das Mindestmaß zur Sicherung eines
»menschenwürdigen« Daseins darstellt, noch einmal um 20%
bis 40% gekürzt. Somit besteht hinsichtlich der zuerkannten Menschenwürde
und eines Existenzrechtes mit einem bestimmten Lebensstandard klar eine Einteilung
in Menschen erster und zweiter Klasse. Das Bundesverfassungsgericht segnete
diese Praxis in einem Urteilsspruch vom 29. August 1998 ab: Es bestehen "keine
ernsthaften Verfassungszweifel".
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz können MigrantInnen während des Asylverfahrens - also mit dem Titel einer Aufenthaltsgestattung - mit einer Duldung oder dem in den Gesetzen gar nicht vorgesehenen Aufenthaltsstatus einer sog. Grenzübertrittsbe-scheinigung beziehen, sofern eine so genannte materielle Bedürftigkeit besteht. Da ein de facto Arbeitsverbot besteht, ist die Auszahlung von Leistungen zum Lebensunterhalt die Regel. Menschen mit Aufenthaltsberechtigung, befristeter und unbefristeter Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsbefugnis haben hingegen Anrecht auf (teilweise ebenfalls abgesenkte) Lei-stungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Das Asylverfahrensgesetz regelt die Antragstellung
und das Anerkennungsverfahren von Asylsuchenden. Gleichzeitig schränkt
es Arbeitsmöglichkeiten, Aufenthaltsort und Bewegungsfreiheit ein.
Dies bedeutet die Zwangsverteilung in "Erstaufnahmelager" der Bundesländer,
auf die die Flüchtlinge verwiesen werden und von dort aus die Weiterverteilung
auf die Kommunen, vorrangig in Gemeinschaftsunterkünften mit Anspruch
auf 4-6 m² pro Person in einem Mehrbettzimmer. Der Aufenthalt in diesen
Gemeinschaftsunterkünften ist mit einer Residenzpflicht gekoppelt, also
dem Verbot, die jeweiligen Landkreisgrenzen bei der Androhung eines Bußgeldes
zu überschreiten.
Für asylsuchende oder geduldete Menschen bestand
ein befristetes Arbeitsverbot von drei Jahren, welches am 6.12.2000 auf ein
Jahr verkürzt wurde. Seit 2001 ist das Arbeitsverbot nach einer Wartezeit
von einem Jahr theoretisch aufgehoben. Es muss jedoch bei jedem Arbeitsplatz
sechs Wochen lang geprüft werden, ob es keine bevorrechtigten BRD- oder
EU-BürgerInnen für den Job gibt. Dies bedeutet für Berlin und
die östlichen Bundesländer praktisch ein absolutes Arbeitsverbot,
für die Bundesländer mit einem Arbeitsplatzmangel an billigen ArbeiterInnen
ist jede Arbeitsaufnahme eines immer unter Schnitt bezahlten Jobs mit einen
Haufen bürokratischen Aufwandes ver-bunden. (siehe 3. Buch des Sozialgesetzbuches
§ 285). Hierdurch wird in der Regel ein Abhängigkeitsverhältnis
von staatlichen Leistungen festgeschrieben oder als Alternativmöglichkeit
ein Verstoß gegen ausländerrechtliche Verordnungen erzwungen.
Gleichzeitig sind alle "arbeitsfähigen, nicht erwerbstätigen
Leistungsberechtigten, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind"
(§5 (4) AsylbLG) verpflichtet, gemeinnützige zusätzli-che Arbeiten
(gzA) oder auf dem Wohnheimgelände anfallende Arbeiten für 1,- €
pro Stunde zu übernehmen, ansonsten droht Leistungskürzung oder
-entzug. Dies hängt aber auch wieder von den lokalen Gegebenheiten ab,
da z.B. in Berlin sehr wenige Flüchtlinge gzA leisten und einige solche
Arbeiten aufgrund des Geldmangels übernehmen würden, dies aber von
den Sozialämtern verweigert wird. Diese Arbeiten werden explizit weder
als Arbeits- noch Beschäftigungsverhältnis angesehen und sind damit
auch nicht mit den entsprechenden Sozialleistungen und Absicherungen gekoppelt,
was sie zu einer Form von Zwangsarbeit werden lässt (AsylbLG § 5).
Verschärfungen des Asylbewerberleistungsgesetzes
Erste Novelle vom 1.6.97
· Die Dauer reduzierter Sachleistungen wird von 12 auf 36 Monate angehoben,
· Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge mit entsprechender
Aufenthaltsbefugnis fallen unter das AsylbLG (vormals BSHG).
Zweite Novelle vom 1.9.98
· Weitere Verschärfung mit der Einführung des §1a, mit
dem Leistungen bis auf null reduziert werden können.
Der "Tatbestand" nach §1a tritt dann ein, wenn ein Mensch angeblich
nur in die BRD gekommen ist, um Sozialleistungsbezüge zu erhalten (die
so genannte Um-zu-Regelung) oder aufgrund eines selbst zu vertretenden Abschiebungshindernisses
nicht abgeschoben werden kann (vorsätzlicher Nichtbesitz eines Passes
etc.). Bei unterstelltem Tatbestand gilt nur noch ein Anspruch auf "unabweisbare
Leistungen". Natürlich obliegt den entsprechenden Ämtern die
Beurteilung der Motivationen und dem, was "unabweisbar" ist...
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Die Grundleistungen durch das Asylbewerberleistungsgesetz sind folgendermaßen
definiert: "Der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung,
Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern
des Haushalts...." (.§3, Abs. 1)
Dabei soll das Sachleistungsprinzip Vorrang vor Barauszahlungen haben, was
in der Regel auch so gehandhabt wird. Nur ein »Taschengeld« in
der Höhe von 41,- € (für Kinder und Jugendliche 21,-€)
wird monatlich in Bargeld ausgezahlt, kann aber unter bestimmten Umständen
verweigert werden - z.B. bei unterstellter Nichtkooperation bei der Vorbereitung
der eigenen Abschiebung oder bei Ärger mit der SachbearbeiterIn des Sozialamtes.
Insgesamt bekommen Alleinstehende oder Haushaltsvorstände Leistungen
im Wert von 226,- € pro Monat, jedes weitere jugendliche und volljährige
Haushaltsmitglied 200,- €, Kinder (7-13 Jahre) 180,- € bzw. 134,-
€ (unter 6 Jahren). Auch diese Beträge können für Repressionsmaßnahmen
weiter gekürzt werden.
Alle weiteren anfallenden Kosten müssen von dem »Taschengeld«
übernommen werden wie Telefon, Porto oder Geburtstagesgeschenke, die
Kosten für die für das Asylverfahren not-wendige AnwältIn,
für anfallende Übersetzungen oder Fahrten zu Behörden, AnwältInnen
oder Beratungsstellen. In Berlin wurde gerade zum 1.1.04 das Sozialticket
gekürzt, so dass von dem geringen Bargeld nun die normalen Tickets gekauft
werden müssen. Dies betrifft in Berlin auch die normalen SozialhilfeempfängerInnen,
doch ist diese Schikane mit nur 40 € Bargeld pro Monat fast nicht lösbar.
Die medizinische Versorgung wird nur bei akuten Krankheiten
und Schmerzzuständen gewährt, ansonsten nur, wenn es "zur Sicherung
der Gesundheit unerlässlich ist." (§6) Dies bedeutet auch,
dass der Krankenschein nicht regelmäßig ausgegeben wird sondern
nur bei akuten Krankheiten. Dies entscheidet dann die zuständige BearbeiterIn
im Sozialamt, ohne medizinische Ausbildung und spontan nach eigenem Ermessen.
Bezug von Leistungen
Der Sachleistungsbezug lässt sich in vielerlei Form umsetzen, letztendlich
bestimmen die zuständigen Behörden vor Ort (zum Beispiel Bezirksämter,
Sozialbehörden etc.), wie die Vorgaben umgesetzt werden. Deutlich wird
die Intention der Kontrolle, Regulierung und Abschreckung vor allem auch daran,
dass Bargeldauszahlungen im Vergleich zu Chipkarten oder Wertgutscheinen eine
kostensparendere und mit weniger Verwaltungsaufwand zu betreibende Variante
sind. Der Staat lässt sich die soziale Abwertung von Flüchtlingen
also einiges kosten.
Generell führt das Sachleistungsprinzip dazu, dass nicht gespart werden
kann, eine Übertragung auf den folgenden Monat oder eine Umwidmung der
jeweiligen Posten nicht möglich ist. Nicht ausgegebenes Guthaben verfällt
und begründet sehr oft auch eine Kürzung der Leistungen, da ja nicht
mehr benötigt wurde.
In Berlin wird das AsylbLG folgendermaßen umgesetzt:
Seit Mitte 2003 zahlt das Land Berlin allen Flüchtlingen, die sich im
Asylverfahren befinden und die so in die Zuständigkeit des Landes fallen,
Bargeld aus. Dies ist ein Teilerfolg der Aktionen und Kritik flüchtlingspolitischer
und antirassistischer Gruppen und der vielfältigen Unterstützung,
die die Flüchtlinge von euch bekommen haben.
Menschen mit Duldung oder solche, die in ei-ner eigenen Wohnung wohnen (vor
dem 13.12.2003), werden von den Bezirken versorgt, die in Eigenregie die Ausgabe
der Sozialhilfe regeln. Die Zuständigkeit der jeweiligen Bezirke ergibt
sich jedoch nicht aus dem jeweiligen Wohnort, sondern ist nach dem Geburtsdatum
des Haushaltsvorstandes geregelt. Dies bedeutet z.B. für Flüchtlinge,
die in Weißensee wohnen, jeden Monat den Weg zum Neuköllner Sozialamt
zurücklegen zu müssen. Nachdem das Land die Bargeldauszahlung beschlossen
hatte, folgten ihnen die Bezirke Mitte (inkl. Ex-Bezirke Tiergarten und Wedding)und
Tempelhof-Schöneberg, die bis dahin auch Sachleistungen in Form von Chipkarten
ausgezahlt hatten. Sachleistungen werden heute noch von den zwei CDU / FDP
regierten Bezirken Spandau und Reinickendorf (beide Chipkarten) ausgegeben,
sowie von Neukölln (Gutscheine), Der Bezirk Neukölln stellt u.a.
deshalb einen Sonderfall dar, weil die Bezirksverordnetenversammlung im Sommer
2003 mehr-heitlich eine Wiederaufnahme der Bargeldaus-zahlung beschlossen
hatte, der Sozialstadtrat Büge (CDU) sich aber diesem Votum widersetzt
und dies mit seiner rassistischen Rechtsauslegung begründet.
Wertgutscheine der Firma ACCOR wurden im August 1999 in Neukölln eingeführt
und nur hier ausgezahlt. Diese funktionieren wie Bargeld, gelten aber nur
in relativ wenigen Läden. Dies bedeutet in der Regel weite Wege zu den
Läden und so von dem »Taschengeld« zu bezahlende BVG-Tickets.
Wenn der Gutscheinwert den Preis der Waren übersteigt, dürfen maximal
10% des Wertes in bar zurückgegeben werden. In der Regel zahlen die Läden
aber kein Wechselgeld aus, da dies eine Kann-Regelung sei und sie diesen zusätzlichen
Mehrwert gerne selber einstreichen. Dies ist eindeutig eine gesetzeswidrige
Bereicherung durch die Überauslegung rassistischer Gesetze. (vgl. Kapitel
Alltag).
Die Chipkarten werden monatlich beim Sozialamt aufgeladen, Einkaufen ist nur
in Läden möglich, die mit entsprechenden Lesegeräten ausgestattet
sind. Abgebucht wird wie bei EC-Karten mit einem PIN-Code. Das Guthaben auf
der Karte ist in verschiedene »Bereiche« aufgeteilt (Kleidung,
Verpflegung), ein Verschieben von Beträgen ist nicht möglich. Den
Bezirksämtern ist es technisch möglich, die Einkäufe detailliert
zu verfolgen. Das wird - aufgrund der Kontrollmöglichkeit - als Vorteil
der Karte gepriesen, ebenso wie die Möglichkeit, diese bei Verlust (oder
"Missbrauch") sperren zu lassen. Dieses optimierte System lassen
sich die Behörden auch einiges kosten: damals zahlten sie rund 7000 Mark
für das Aufstellen eines Ladegeräts und der Ausstattung des Arbeitsplatzes,
zuzüglich einer notwendigen Schulung der Angestellten.
Kostenübernahmescheine werden von allen Bezirken an diejenigen Menschen
ausgege-ben, die nicht "kooperieren" und denen unter-stellt wird,
nur zum Erhalt von Sozialleistungen in die BRD gekommen zu sein (AsylbLG §1a).
Auf diesen Scheinen ist immer der Name und der Aufenthaltsstatus vermerkt
und der dazu-gehörige Pass muss beim Einkauf immer vor-gezeigt werden,
die Quittung über das, was eingekauft wurde, bekommt das Sozialamt zur
Kontrolle. Es wird kein Wechselgeld herausge-geben und es darf auch nicht,
wie bei den Gutscheinen, mehr gezahlt werden. Das bedeutet einen Einkauf mit
dem Taschenrechner. In der Regel gibt es einen Kostenübernahmeschein
für zwei Wochen über ca. 70 Euro, der bei einem Einkauf in einem
Laden eingelöst werden muss. Frisches Obst oder Brot sind so nicht vorgesehen
- zumindest nur einmal alle zwei Wochen. Diese Kostenübernahmescheine
sind die übelste Form rassistischer Bevormundung und bei diesen Einkäufen
müssen die Betroffenen immer mit dabei sein, dafür gelten sie in
allen Läden. Wir vermitteln auch immer wieder solche Kontakte an WGs
oder Cafés, die dann regelmäßig mit diesen Menschen einkaufen
gehen. Wenn ihr sowieso alle zwei Wochen bei einem Billigdiscounter für
ca. 70 € einkaufen geht, dann meldet euch bei uns.
Fresspakete werden von der Berliner "Zentralen Aufnahmestelle" (ZAst)
in Berlin-Spandau (Motardstrasse 101a) sowie in einigen Heimen ausgegeben,
in denen Menschen »freiwillig« auf ihren Abschiebetermin warten.
Dies bedeutet fremd bestimmtes Essen zu festgelegten Zeiten, kein Bargeld
oder Sachleistungen und neben der Entmündigung dieser Menschen eine Mangelernährung.
Der Aufenthalt in der ZAst ist generell gesetzlich auf maximal drei Monate
beschränkt, danach werden die Menschen auf die Gemeinschaftsunterkünfte
verteilt. Die Heime, in denen Fresspakete ausgegeben werden sind heimliche
»Ausreiseeinrichtungen«, hier werden Menschen untergebracht, die
»freiwillig« in ihre Abschiebung eingewilligt haben und nun auf
den Termin warten. Diesen Menschen ist jeglicher Barbetrag gestrichen, versorgt
werden sie mit drei Mahlzeiten pro Tag.
Gutscheine und Chipkarten
Für Flüchtlinge und Asylsuchende, die Wertgutscheine oder Chipkarten
statt Bargeld erhalten, bedeutet dies schon in der normalen Alltagsorganisation
große Ein- und Beschränkungen:
Stell dir vor, ein Flüchtling, nennen wir ihn Farid, geht einkaufen:
In der Tasche hat er einen 5€ und zwei 10€-Gutscheine. Endlich hat
er sich errechnet, dass es sich lohnt, diese auszugeben. Denn er bekommt höchstens
10% des Wertes seines Gutscheines als Wechselgeld Er geht in den Supermarkt,
der seine Gut-scheine annimmt, und legt in den Einkaufswagen: Zwei Päckchen
Spaghetti, Stückpreis -,79€, das macht zusammen ungefähr 1,60€,
ein Stück Butter zu 89 Cent, also insgesamt ca. 2,50 €, drei Dosen
Tomaten, ... wie viel war es noch mal? O je, alles von vorne, das fängt
ja gut an...
Wenn die Waren, die Farid kaufen möchte, den Wert seines Gutscheines
übersteigen, hat er ein Problem: Er muss den Rest mit Bargeld begleichen,
falls er welches hat. Am Schluss merkt er noch, dass er trotz seines Rechnens
kein Wechselgeld herausbekommt, denn de facto gibt es in keinem Berliner Geschäft
diese 10% zurück. Die Argumentation der Läden ist, dass dies eine
Kann-Regelung sei und die Supermärkte die Differenz halt lieber als zusätzlichen
Mehrwert einstreichen. Dies ist sogar aus kapitalistischen Gesichtspunkten
eine kriminelle Aneignung.
Aber Farids Probleme hören hier nicht auf: er braucht z.B. dringend einen
Block für den Deutschunterricht (oder das Errechnen seiner Ausgaben...).
Diesen bekommt er nur in dem Schreibwarenladen gegenüber, dem einzigen
Geschäft in der Stadt, welches Schreibwaren verkauft und Gutscheine annimmt.
Der Monat neigt sich dem Ende zu, Farid hat kein Bargeld mehr. So greift er
zum Gutschein mit dem geringsten Betrag, den er gerade besitzt: 5 €.
Davon könnte mensch drei Blöcke kaufen, aber andere Schreibunterlagen
braucht er nicht. Obwohl ihm das Geld an anderer Stelle fehlt, kauft er tatsächlich
drei Blöcke - irgendwann wird er sie schon gebrauchen können.
Flüchtlinge, die ihre Sozialleistungen über eine Chipkarte bekommen,
erhalten nur eine pro Familie. Auf dieser sind sämtliche Gelder für
alle Familienmitglieder für einen Monat verbucht. Mensch stelle sich
vor, was für Schwierigkeiten entstehen, wenn diese eine Karte, von der
die ganze Familie versorgt wird, verloren geht. Abgesehen davon muss eine
Familie täglich Organisationstalent beweisen, um zu regeln, welche Person
die Karte wann benutzen kann.
Mit beiden Zahlungsarten sind die Flüchtlinge auf wenige, meist teure
Läden angewiesen. Diese Einschränkung gilt vor allem für die
Chipkarten, da die Gutscheine in mehr Läden gelten, wo auch ein paar
Billigläden dabei sind. Kostenübernahmescheine gelten in allen Läden.
Wenn Farid einen Kostenübernahmeschein hat, z.B. über 66,76 €
und nur für einen bestimmten Posten gültig, z.B. Nahrungsmittel
oder Winterbekleidung, wird es umso schwieriger: Gutscheine und Bargeld (falls
er welches hat) werden nicht zusammen angenommen, es entsteht eine lange Schlange
murrender Menschen hinter ihm, er muss überlegen, was er entbehren kann.
Außerdem muss Farid das alles in einer Sprache regeln, die er vielleicht
noch nicht so gut beherrscht oder gar nicht kann. Wenn er weniger Geld ausgibt,
als sein Gutschein zulassen würde, hat Farid auch ein Problem: der restliche
Wert des Gutscheines verfällt, und das kann er sich nicht leisten. Es
gibt aber auch KassiererInnen, die hier ihren persönlichen Rassimus ausspielen
und meinen, der verfallende Restbetrag müsse dann mit Tüten aufgefüllt
werden. Die KassiererInnen beziehen sich dabei dann auf eine Erklärung
auf der Rückseite des Kostenübernahmescheins, die besagt, der Einkauf
müsse sich genau mit den Betrag des Scheines decken. Wir sind bis auf
3 Cent an einen solchen Betrag herangekommen, mit einem Rechner, viel Geduld
und dem ständigen Gefühl, bei dem Einkauf mit dem Rechner in der
Hand irgendwie aufzufallen. Deshalb bedeutet der Einkauf mit einem Kostenübernahmeschein
neben der öffentlichen Stigmatisierung eigentlich immer den Einkauf mit
dem Taschenrechner, denn wenn es 5 Cent zuviel sind, muss halt die Nudelpackung
vom Band.
Viele Menschen, die auf diese Bezahlungssysteme angewiesen sind, haben Probleme,
Dinge zu besorgen, die mensch nur in bestimmten Geschäften einkaufen
kann, wie z.B. Medikamente - es gibt in ganz Berlin nur zwei Apotheken, die
die Chipkarten akzeptieren.
Eine Frau, die Drillinge bekommen hatte, brauchte jeden Monat sehr viele sehr
kleine Windeln. In den Geschäften, in denen sie solche Windeln bekam,
konnte mensch nicht mit Gutscheinen bezahlen. Ein Antrag beim Sozialamt auf
Bargeld für diesen Zweck wurde abgelehnt (vgl. Umtausch, 2000).
Weitere Einschränkungen beim Einkauf
Bei Chipkarten und Kostenübernahmescheinen ist im Gegensatz zu den Gutscheinen
genau festgelegt, ob mensch Kleidung oder Nahrungsmittel einkaufen darf. Die
Chipkarten-Betreiberfirma Infracard wirbt für Chipkarten damit, dass
mensch "Börsen" für verschiedene Zwecke einrichten kann,
bisher ist eine Börse für Kleidung und eine für Lebensmittel
einge-richtet. Weder mit Gutscheinen noch mit Chipkarten oder Kostenübernahmescheinen
kann mensch Alkohol oder Tabak kaufen. Diese Festlegung der Ausgaben auf ganz
bestimmte Dinge ist, neben den vielen praktischen Problemen, vor allem entmündigend.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die AnwältInnen, ohne die ein Asylverfahren
in der Regel fast aussichtslos ist oder Sprachkurse, die viele Flüchtlinge
besuchen wollen und so nicht bezahlen können. Auch für Verkehrsmittel
ist Bargeld immer knapp, die Finanzierung mit Gutscheinen oder Chipkarten
jedoch nicht möglich. Das AsylbLG bedeutet durch den Ausschluss von notwendiger
AnwältInnenunterstützung neben der sozialen Desintegration ein administratives
Mittel, die Anerkennungsquote niedrig zu halten.
Die Frage, was mensch nun machen soll, ist zynisch: Prioritäten setzen?
Irregulär arbeiten und dadurch endgültig zur "kriminellen AusländerIn"
werden? Die Gutscheine auf dem "Schwarz"markt umtauschen, damit
auch gegen Gesetze verstoßen, sich in Gefahr begeben und gleichzeitig
noch 10-30% des Wertes verlieren? Denn das ist der Preis für dieses allgemein
verbreitete und gezwungenermaßen "in Kauf" genommene Geschäft.
Sparen
Gutscheine und die Beträge, die auf die Chipkarte gezahlt werden, haben
ein Verfallsdatum. Das Geld für einen Wintermantel zu sparen, ist so
unmöglich, Sachfremde Dinge können sowieso nicht bezahlt werden.
Gleichzeitig sind die "einmaligen Leistungen" des Sozialhilferechts
wie z.B. Bekleidungsgeld gestrichen. Während das "Haltbarkeitsdatum"
der Gutscheine spätestens drei Monate nach Erhalt abläuft, verfällt
der auf Chipkarten geladene Betrag, wird er nicht genutzt, in der Regel am
Monatsende, teilweise werden in Berlin die Chipkarten aber auch für zwei
oder drei Monate aufgeladen.
Diskriminierung
Natürlich bedeutet die Auszahlung der Leistungen in Gutscheinen, Chipkarten,
Essenspaketen und Fertigverpflegung eine politische Diskriminierung, die mensch
(zur Zeit) keinem/r InhaberIn eines deutschen Passes zumuten würde.
Die Auszahlung in Form von Sachleistungen bedeuten im Kapitalismus eine direkte
Entmündigung, da den Menschen die Möglichkeit genommen wird, sich
das Geld, das ihnen zur Verfügung steht, selbst einzuteilen. Aber auch
in der konkreten Situation des Einkaufs fühlen sich viele Menschen von
den Blicken der anderen KundInnen diskriminiert, wenn sie nicht mit "wahren
Euro" zahlen können oder wenn der/die KassiererIn plötzlich
unfreundlicher wird als bei der Person, die vor einem/r in der Schlange stand.
"Kein Lächeln, kein 'Guten Tag', kein 'Auf Wiedersehen'. Gutscheine
zu haben, bedeutet für diese Leute Dieb, Krimineller, Zukurzgekommener
zu sein" (Adekambi in: Umtausch, 2000). "Die anderen Leute sehen
auf uns herab. Ich glaube, sie denken, dass wir Bettler sind" (Issa in:
Umtausch, 2000). So wird öffentlich das rassistische Bild des Flüchtlings
produziert, der dem Staat auf der Tasche liegt und gleichzeitig nicht arbeiten
will.
Essenspakete
In einigen Gegenden der BRD wird das Essen auch außerhalb der Erstaufnahme-
oder Ausreiseeinrichtungen in fertigen Paketen ausgegeben.
"In Heidelberg [...] testeten 58 HeidelbergerIn-nen eine Woche lang die
Esspakete. Die Bilanz: Alles, was wir als gesund ansehen, Milch, Obst, Gemüse,
Säfte, fehlte. 19,80 DM brauchten die Leute im Durchschnitt pro Woche,
um sich das zu kaufen, was die Pakete nicht beinhalteten, von den Getränken
bis zum Salz. Schwer fiel es allen, den Gebrauch vorausschauend zu planen,
weil unklar war, was im nächsten Paket sein würde. Den Widersinn
solcher Esspakete zeigt auch ein folgendes Beispiel: Eine siebenköpfige
Familie in Neustadt erhielt unter anderem sieben Flaschen Essig" - Salat
war übrigens keiner vorgesehen (Rosner, 1996).
Fertigverpflegung
Eine besondere Schikane stellt die Fertigverpflegung dar, die seit Jahren
in der Erstaufnahmeeinrichtung in Berlin-Spandau üblich ist und 1999
auf weitere Heime ausgeweitet wurde. Die BewohnerInnen erhalten ihre gesamte
Nahrung fertig zubereitet in einzelnen Portionen. Berichten zufolge kann das
Essen selbst bereits als Zumutung angesehen werden - den Gewohnheiten vieler
BewohnerInnen entspricht es sowieso nicht. Vor allem aber ist durch diese
Art der Ernährung die Fremdbestimmung der BewohnerInnen perfekt.
Residenzpflicht, Arbeitsverbot, Unterbringung in Lagern, die ungewisse Zukunft
und die individuelle Vergangenheit, welche die Menschen zur Flucht bewogen
hat, die Flucht selber sowie der Verlust soziokultureller Bindungen bedeuten
für die meisten Menschen bereits eine erhebliche psychische Belastung.
Wenn in dieser zermürbenden Untätigkeit auch noch Einkauf, Zubereitung
der Mahlzeiten und die eigene Wahl des Essenszeitpunktes wegfallen, entfällt
gleichzeitig ein weiterer Aspekt eigenständiger Lebensplanung. Von den
großen Wohlfahrtverbänden wurde wiederholt auf die psychischen
Folgen dieses »Lagerkollers« hingewiesen, Langweile, Apathie und
Depressionen, Perspektivlosigkeit und akute Angstzustände.
Ein anderer bedeutender Faktor ist das Essen als soziales Ereignis. Bereitet
mensch das Essen selber zu, kann mensch die Menge bestimmen und FreundInnen
oder Bekannte dazu einladen. Was es für die jeweiligen Menschen bedeutet,
in der Abgeschiedenheit des Heims (die durch räumliche Lage und/oder
rassistische Ausgrenzung zustande kommt) auch noch auf diese Zusammenkünfte
zu verzichten, kann mensch sich nur schwer ausmalen.
Die Firmen
Literatur
AStA der FH Hildesheim/ Holzminden/ Göttinen & Umtauschinitiative
Hildesheim (Hrsg.) (2000). Umtausch: Broschüre gegen Ausgrenzung und
Entrechtung von Flüchtlingen (vergriffen, aber im Internet unter: http://www.nds-fluerat.org/pdf/Umtausch.pdf).
Classen, Georg (2000): Menschenwürde mit Rabatt - Das Asylbewerberleistungsgesetz
und was wir dagegen tun können, Karlsruhe
Heinhold, Hubert (2000): Recht für Flüchtlinge, Karlsruhe
Kühne, Peter und Rüßler, Harald (2000): Die Lebensverhältnisse
der Flüchtlinge in Deutschland, Frankfurt a. M./New York
res publica: Ausreisezentren - der Reader, 6. Auflage (September 2003), München
Download unter: www.ausreisezentren.de
Rosner, J. (1996). Asylsuchende Frauen - Neues Asylrecht und Lagerpolitik
in der Bundesrepublik Deutschland. VAS: Frankfurt a.M.
Pro Asyl & Flüchtlingsrat Niedersachsen: Das Ausländerleistungsgesetz,
erschienen im Juli 1995
Knast und Sodexho:
http://germany.indymedia.org/2003/03/44619.shtml
http://www.notwithourmoney.org/05_sodexho/sodexho.html
Knastprivatisierung allgemein:
Privatisation in criminal justice
Prison Privatisation Report International (PPRI):
http://www.psiru.org/justice/
Beim Einkauf
- Achtung: Mit der Karte darf offiziell kein Tabak und kein Alkohol bezahlt
werden! Es gibt aber VerkäuferInnen, die das zulassen. Einfach probieren,
den Wein vorne aufs Band, dann klappt es relativ häufig.
- Bei den Gutscheinen gibt es trotz anders lautender Aufschrift kein Wechselgeld
heraus. Protest dagegen ist gut, bringt aber nichts, also eher für nen
Euro mehr einkaufen, um so auf keinen Fall den Läden was zu schenken.
- Die aktuelle Liste des Sozialamtes Neukölln ist leider nicht aktuell,
wir haben die Liste im Anhang so verändert, dass die aufgeführten
Läden auch die Gutscheine akzeptieren. Aber wenn ein Laden dabei ist,
der trotzdem keine Gutscheine akzeptiert, dann mailt uns, wir verändern
dann die Liste. mail: konsumfuerfreies-fluten@yahoo.com
- Um eine lohnende Summe voll zu kriegen und nicht enorme Massen aus dem Laden
zu schleppen, empfehlen sich Kaffee (bei Extra gibt's immerhin Transfair-Kaffee),
Waschmittel, Biomüsli....
- Weil das den Laden ziemlich aufhält, empfiehlt es sich, nicht zu Stoßzeiten
wie Freitagabend einzukaufen. Hier ist aber auch die gegenteilige Vorgehensweise
sinnvoll, vor allem wenn ohne die Betroffenen eingekauft wird: es kann eine
Form des Widerstandes sein, dass sich die Menschen in den Läden über
die Karten ärgern, die Diskriminierung so öffentlich diskutierbar
wird, und die Läden langfristig aus dem System aussteigen.
- Es gab schon Verkäuferinnen, die meinten, sie müssten die Aktion
als ungesetzlich bezeichnen oder sie wollten den »weißen«
EinkäuferInnen nicht glauben, dass das ihre Karte ist. Es ist aber völlig
legal, für eine kranke FreundIn einkaufen zu gehen. Im Zweifelsfall die
GeschäftsführerIn rufen, die rassistische Diskriminierung öffentlich
diskutieren und den normalen Konsumverkehr ein wenig aufhalten. In der Regel
kann mensch dann ohne Probleme einkaufen, ansonsten die Lebensmittel auf dem
Band liegen lassen. Aber, dies kommt unter 100 Einkäufen höchstens
einmal vor, eher weniger. Es ist aber immer gut zu wissen, dass sogar das
legale Recht auf unserer Seite ist, wenn wir für Flüchtlinge einkaufen
gehen.
- In den Läden gibt es i.d.R. nur eine bestimmte Kasse, an der mit der
Infracard bezahlt werden kann. Sie ist gekennzeichnet und es ist günstig,
sich an genau dieser Kasse anzustellen, das erspart euch und allen Beteiligten
eine u.U. nervige und blöde Diskussion. Kann aber auch anders gesehen
werden und in der Regel muss der Einkauf wenn er mal eingescannt ist, nicht
wieder zur anderen Kassen gebracht werden.
- Solltet Ihr unangenehme Erfahrungen mit VerkäuferInnen, FilialleiterInnen
oder sonst wem machen, dann gebt das doch bitte an uns weiter. Wir versuchen
dann, dies öffentlich zu machen und gegen diese persönliche Ver-schärfung
staatlichen Rassismus zu protestieren. Weiterhin dokumentieren wir alle anderen
Formen von Pannen, wie dem Ausfall von Le-segeräten, oder Formen der
öffentlichen Diskriminierung in Bezug auf den Einkauf mit Sachleistungen.
Hinweise bitte an:
konsumfuerfreiesfluten@yahoo.com
Chipkartenladenliste zum Ausdrucken (download pdf)
Also noch einmal zum Schluss, wenn ihr mit Sachleistungen einkaufen gehen wollt, kommt zu unseren Bürozeiten einfach vorbei, ruft an oder schreibt uns ne Mail. Wir haben auch einen Mailverteiler, über den wir euch über weitere Protestaktionen wie Demos oder öffentliche Einkaufsaktionen informieren. Wenn ihr informiert werden wollt, dann mailt uns einfach kurz. Jetzt noch einmal unsere Adresse und Kontaktmöglichkeiten und bis bald.
Initiative gegen das Chipkartensystem
c/o Berliner Büro für Gleiche Rechte
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Das rassistische Gutscheinsystem in Berlin-Neukölln ist am Ende!
Nach langer Verzögerungstaktik des Neuköllner Sozialstadtrates Michael Büge ist nun endlich klar: Ab 01.07 2004 bekommen Flüchtlinge, die vom Bezirk Neukölln versorgt werden, wieder Bares!
Damit gehört das Gutscheinsystem gegen Flüchtlinge in Berlin ab dem 1.7. der Vergangenheit an, denn der Bezirk Neukölln ist die einzige Berliner Verwaltung, die diese spezielle Form der Diskriminierung praktiziert!
Die Verantwortlichen der Bezirke Reinickendorf und
Spandau beharren jedoch weiterhin auf der Aus-zahlung der durch das Arbeitsverbot
notwendigen Hilfe zum Lebensunterhalt in Sachleistungen in Form der ebenso
rassistisch diskriminierenden Chipkarten.
Doch zunächst zu Neukölln:
Seit 1998 wurden vom Bezirk Neukölln Gut-scheine der Firma ACCOR ausgegeben.
Auf-grund jahrelanger Proteste diverser Antirassi-stischer und Flüchtlings-Gruppen
zahlt der Berliner Senat seit Sommer 2002 wieder Bargeld aus. Die Bezirke
Mitte, Wedding und Tempelhof-Schöneberg gaben darauf hin ihre rassistische
Praxis auf. Sie zahlen wieder Bares aus. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
verabschiedete sich ebenfalls von der geplanten Einführung des Chipkartensy-stems.
Anders in Neukölln: Der Sozialstadtrat Büge sabotierte den Beschluss
der BVV vom Mai 2003, wieder Bargeld auszuzahlen. Im Januar 2004 äußerte
er sich dann "demokratisch erzwungen" auf eine "Mündliche
Anfrage" in der BVV zum Thema:
Er würde weiterhin kein Bargeld auszahlen und damit den Beschluss der
BVV ignorieren. Wenn die BVV ihn per weiteren Beschlüssen dazu bringen
wollte, würde er evtl. mit weiteren juristischen "Maßnahmen"
kontern.
Laut Berliner Morgenpost vom 5.3.2004 beugt sich Büge nun aber doch der
Entscheidung der Mehrheit der Neuköllner Bezirksverordneten-versammlung:
Ab dem 1.7.2004 bekommen damit ca. 190 Menschen Bargeld statt Gut-scheine!
Büge sagte jedoch auch: "Sollte je-doch der Eindruck entstehen,
dass wie in den 90er-Jahren die Asylbewerber von Landsleuten oder Schleppern
abgezockt werden, verkürzen wir die Auszahlungsräume schrittweise
auf wöchentlich oder auch täglich".
Die Wiederaufnahme der Bargeldauszahlung in Neukölln verbuchen wir als
(unseren) Erfolg. Ohne öffentlichen Druck hätte sich weder auf Senats-
noch auf Bezirksebene etwas verbes-sert.
Wir werden die Praxis dieses rassistischen Sozialstadtrates
weiterhin beobachten und öffentlich machen und gegebenenfalls unsere
Politik gegen ihn wieder aufnehmen.
Spandau
und Reinickendorf geben weiterhin Chipkarten an Flüchtlinge aus
Beide Bezirke werden von einer CDU-FDP-Mehrheit regiert. Wir schätzen,
dass zusammen ca. 600 Personen von dieser rassistischen Praxis betroffen sind.
Werdet selber aktiv seid widerständig und beteiligt euch weiterhin an
EinkaufspatInnenschaften, am Einkauf mit Chipkarten und anderen Aktionen.
Denn ohne vielfältigen öffentlichen Druck werden die PolitikerInnen
von CDU und FDP ihre Politik nicht ändern. Wir werden der Öffentlichkeit
und den politisch Verantwortlichen auch weiterhin vor Augen führen, dass
das Asylbewerberleistungsgesetz rassistisch ist und abgeschafft gehört.
Gleichzeitig sabotieren wir das Chipkartensystem, indem wir (mit eurer Unterstützung)
für jeden Flüchtling / für jede Flüchtlingsfamilie eine
EinkaufspatInnenschaft organisieren wollen. In Reinickendorf werden ca. 90
Chipkarten ausgegeben:
90 Chipkarten - 90 PatInnenschaften
Mit eurer Unterstützung kriegen wir das hin! Weiterhin ist es auch überlegenswert, ob wir die Arbeit der Sozialämter in Reinickendorf und Spandau nicht elegant vermehren können:
Die Sozialämter kosten uns Nerven und Mühe, wir wollen auch mal was davon zurück geben
Möglich ist, Flüchtlinge bei Amtsgängen
zu unterstützen: mit ÜbersetzerInnen, mit Hilfen zur Antragstellung
bei Einzelfällen, mit Ortsbegehungen, mit Kundgebungen...
Bis dahin unterstützt Flüchtlinge wie gehabt:
Möglich ist, Flüchtlinge bei Amtsgängen zu unterstützen:
mit ÜbersetzerInnen, mit Hilfen
zur Antragstellung bei Einzelfallregelungen, mit Ortsbegehungen, mit Kundgebungen...
Bis dahin unterstützt Flüchtlinge wie gehabt:
Bis Ende Juni vermitteln wir weiterhin Gutscheine und darüber hinaus
Chipkarten bzw. Ein-kaufspatInnenschaften...
Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz!
Das Chipkartensystem in Berlin und bundesweit bekämpfen!
Grenzen Auf!
Für freies Fluten!