Kranich unterm Hakenkreuz
Die Lufthansa, »Diener von Volk und Staat«, so lautete der Ehrentitel für
den Konzern in Nazi-Deutschland. Vor dem Hintergrund ihrer Mitschuld an
der Ausbeutung und Ermordung vieler ZwangsarbeiterInnen ist die Lufthansa
der Stiftung der deutschen Industrie für die Entschädigung der ZwangsarbeiterInnen
schnell beigetreten. Die Lufthansa hatte allen Grund, dies möglichst leise
und geräuschlos zu tun. Schließlich könnte eine öffentliche Diskussion über
ihre Beteiligung an den Verbrechen der Nationalsozialisten auf internationaler
Ebene zu einem Imageverlust führen.
Die Lufthansa war in die Kriegsvorbereitungen der Nazis verstrickt. Seit
ihrer Gründung 1926 war die Luftfahrtgesellschaft an der Planung und Durchführung
geheimer Rüstungsprogramme beteiligt. Mit der Machtübernahme der Nazis wurden
verstärkt Anstrengungen unternommen, eine kriegsfähige Luftwaffe zu entwickeln.
Hermann Göring und sein Staatssekretär im Reichsluftfahrtministerium Erhard
Milch, der Direktor der Lufthansa, waren die Hauptverantwortlichen bei der
geheimen Aufstellung der deutschen Luftwaffe. Die Zivilflugzeuge der Lufthansa
wurden seit 1933 als sogenannte Behelfsbomber im Krisenfall eingeplant.
Im Auftrag des »Führers« schickte die Lufthansa 1936 Flugzeuge für Francos
Truppen in den Spanischen Bürgerkrieg. Zu Beginn der »Sudetenkrise« 1938
standen Lufthansa-Flugzeuge mit SS-Mannschaften für den Fall bereit, dass
die Besetzung des »Sudetenlandes« auf Widerstand stoßen sollte. Diese »Friedenseinsätze«
wurden nach offiziellem Kriegsbeginn erheblich ausgeweitet. Besatzungen
der Lufthansa beteiligten sich an Militäroperationen und geheimen Kommandounternehmungen.
Ab Kriegsbeginn arbeiteten die Werkstätten der Lufthansa ausschließlich
für die Luftwaffe. In diesen kriegswichtigen Betrieben wurden schon früh
die ersten Kriegsgefangenen und zivilen »Fremdarbeiter« zur Arbeit gezwungen.
In München mussten 248 Kriegsgefangene für die Lufthansa arbeiten. In Lübeck
unterhielt das Luftwaffenzeugamt zusammen mit der Lufthansa drei Lager für
480 zivile »FremdarbeiterInnen«. In Echterdingen bei Stuttgart waren 247
holländische Zwangsarbeiter am Flughafen zur Wartung der Flugzeuge eingesetzt.
1942 wurden noch einmal zusätzlich 477 RussInnen in dieses Lager verschleppt.
Die ZwangsarbeiterInnen aus den Lagern der Lufthansa warten seit 55 Jahren
auf eine angemessene Entschädigung.
Die Aufarbeitung der Verstrickung der Lufthansa in die Verbrechen des Dritten
Reiches scheitert nicht zuletzt an der Weigerung des Konzerns, seine Archive
für die historische Forschung und Recherche zu öffnen.