97

Über die Weihnachtszeit und in den darauffolgenden Tagen ließen die Aktivitäten nicht nach. So trafen sich in der Sylvesternacht spontan über 300 Personen vor der U-Haftanstalt Moabit und zogen anschließend in die Lehrter Straße.

Dabei gab es und gibt es im übrigen keinerlei Veranlassung, sich von irgendetwas zu distanzieren - mag man auch teilweise dazu stehen, wie man will - denn eigentlicher Grund für diese plumpen Distanzierungsforderungen ist der schon an anderer Stelle dieser Dokumentation angedeutete untaugliche Versuch der Spaltung in "gute" und "böse" Instandbesetzer und deren Unterstützer.

 

Brandanschläge und eingeworfene Fensterscheiben zum Jahreswechsel Demonstration für einsitzende Hausbesetzer vor dem Untersuchungsgefängnis

In der Silvesternacht formierte sich um 23 Uhr 30 vor der Untersuchungshaftanstalt in Moabit nach Polizeiangaben eine Demonstration mit zunächst rund 70, später 200 Teilnehmern, die die Freilassung der nach den Auseinandersetzungen Mitte Dezember verhafteten Instandbesetzer forderten. Die Demonstranten zogen zunächst zur Frauenhaftanstalt in der Lehrter Straße, wo es zu einigen gewalttätigen Aktionen kam, als die Polizei versuchte, den Zug abzudrängen.

Die eingesetzten Beamten wurden nach Angaben der Polizei mit Steinen und Flaschen beworfen. Drei Einsatzfahrzeuge seien beschädigt worden, hieß es. Die Polizei habe von Schlagstöcken keinen Gebrauch gemacht. Die Demonstranten seien dann wieder zur Untersuchungshaftanstalt zurückgekehrt und hätten dort brennende Fackeln und Knallkörper an und über die Anstaltsmauer geworfen. In der Frauenhaftanstalt hätten einige Insassinnen brennende Laken aus dem Fenster geworfen. Der Demonstrationszug löste sich schließlich auf.

Ebenfalls am Silvesterabend kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und etwa 60 randalierenden Jugendlichen in Kreuzberg. Rund um das Kottbusser Tor wurden insgesamt 38 Fensterscheiben eingeworfen, darunter die Fenster der Kreuzberger SPD-Zentrale in der Luckauer Straße.

Im Laufe des Neujahrstages gingen bei der Polizei weitere Meldungen über eingeworfene Fensterscheiben ein. In Tegel gingen in der Namsianstraße die Scheiben von mehreren Geschäften und eines Zeitungskioskes zu Bruch. Über den eingeworfenen Scheiben der Berliner Bank in der Reinickendorfer Straße in Wedding prankte gestern der Spruch: "Eins, zwei, drei, laßt die Hausbesetzer frei", daneben ein fünfzackiger Stern.

Ein weiterer Brandanschlag traf die Filiale der Deutschen Bank in Britz. Der Schalterraum wurde stark verrußt, Büroeinrichtungen beschädigt. Unbekannte Täter warfen eine Schaufensterscheibe des Kaufhauses KaDeWe in Schöneberg ein.

Ein Brandsatz wurde gestern während der Verkaufszeit von einem Angestellten in der Möbelabteilung des Karstadt-Kaufhauses am Hermannplatz entdeckt. In einen dreißigmal dreißig Zentimeter großen Paket befanden sich Benzin in einem Plastikbehälter, Blitzbirnen und ein Wecker. Der Zündmechanismus war offensichtlich zum Zeitpunkt des Fundes bereits ausgelöst worden, das Benzin jedoch nicht entflammt. Die Polizei sprach von einem hochbrisanten Brandsatz. (Tsp) 3.1.81

<- back | next ->