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Kurze Schilderung der Knastsituation Frauenknast Lehrter Straße

Also hier im Knast sitzen zur Zeit etwa 150 Frau ein, auf 95 Einzelzellen verteilt. Eine ist durchschnittlich 8.5 qm groß. Insgesamt gibt es vier übereinanderliegende Stationen. Vor den Fenstern sind engmaschige Gitter angebracht, da kommst du dir wie im Bergbau vor. Jede Station hat ein bis zwei Gruppenräume, die bei einer solch starken Überbelegung jedoch wieder zu Zellen umfunktioniert werden. Jede Abteilung hat einen Duschraum, wo der Kalk bereits von den Wänden kommt. Fünf Frauen können dort gemeinsam duschen, wenn sie sich drängeln. Wir haben einen Sprechraum für Besucher, der ist kaum größer als der 2.5 x 5 m große Tisch. Zu den Stoßzeiten sitzen hier bis zu 20 Leute drin und ,unterhalten sich'. Von den beiden Höfen ist einer ganz asphaltiert und hat die Größe eines Hallenhandballfeldes, der andere ist doppelt so groß und hat einen kleinen Rasen in der Mitte. Zwei Bäume wurden abgesägt, nachdem einige Frauen mal draufgeklettert sind und nicht mehr runter wollten.

Sprechstunden

Die Situation der Sprechstunden in der Lehrter Straße ist, obwohl die Trennscheibe mittlerweile entfernt ist, immer noch katastrophal. Besucher müssen mitunter bis zu einer Stunde warten, bevor sie überhaupt in den Sprechraum gelassen werden. Für Besucher, die arbeiten, sowie auch für andere ist das geradezu eine unzumutbare Belastung. Wenn es dann endlich soweit ist, daß Besucher und Gefangene miteinander reden können, trennt sie ein Tisch von ca. eineinhalb Meter Breite, an dessen Ende ein wachsames Vollzugsauge sitzt. Schon alleine vom Abstand her, zwischen den sich Unterhaltenden, also die Gefangenen auf der einen Seite des langen breiten Tisches, die Besucher auf der anderen, ist kein eingehendes Gespräch möglich und es kommt nicht selten vor, daß der Sprechraum dermaßen überfüllt ist, daß man/frau, um überhaupt noch was zu Verstehen, fast schreien muß. Dazu kommt noch das generelle Berührungsverbot, das die ganze Situation noch unmenschlicher macht. Aufgrund dieser Situation kommt es immer häufiger vor, daß Frauen ihre Sprechstunden schon frühzeitig abbrechen, weil sie die Perversität dieser Situation nicht verarbeiten können. Dies alles und auch die Anlage und Ausstrahlung des Besucherraums ersticken jegIichen intensiveren Kontakt schon im Keim, um ihn erst gar nicht aufkommen zu lassen. Das hat zur Folge, daß es für alle Beteiligten fast unmöglich ist, menschliche Wärme auszutauschen, was ja auch heißt, dem anderen Kraft zu geben.

Aber gerade das ist Sinn und Zweck der ganzen Besucherregelung und der Konstruktion des Besucherraumes. Nach der Sprechstunde bist du dir oft unklar, ob du dich nun gefreut hast, oder ob du total gefrustet bist. Diese beiden Gefühle werden zu einem. Und du bist zum Umgehen damit durch den Knast gezwungen."

Zur Haftsituation in der U-Haft-Anstalt Moabit

,,Nachdem wir am Samstag unsere Haftbefehle in der Gothaer Straße erhalten hatten, kamen wir zu sechst oder siebt wieder auf die Wartezelle ein kahler schäbiger Raum mit einer Gittertür, von dem mehrere Einzelzellen abgehen. Nach einiger Zeit des Wartens wurden wir einzeln rausgerufen und eskortiert von Bullen in Kampfanzügen zum Gefangenentransporter gewiesen. Finstere, spöttische und kalte Blicke begleiteten uns. In Moabit wurden wir in zwei Gruppen geteilt, die ,gefährlichen' zuletzt. Einer wurde auf eine Beobachtungszelle gebracht. Eine Zelle ohne Fenster,

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